Ab wann wird der Mensch zum Pilger?

 

Den Weg als Pilger gehen

Ich kann einen Weg einfach erwandern. Vielleicht lohnt es aber darüber nachzudenken, was es bedeuten würde, wäre ich als Pilger unterwegs. Viele Menschen sind als Wanderer auf dem Weg und werden doch zugleich unbewusst Pilger. Ob ich als Pilger unterwegs bin, hängt nicht davon ab, ob ich auf einem historischen Pilgerweg laufe oder gar auf dem Jakobsweg, auch nicht davon, ob ich einem heiligen Ziel entgegenlaufe. Pilgern ist eine Art des Unterwegsseins, in der ich einen Haltungswechsel vollziehe. Ich öffne mich für das, was der Weg mir bringt, auch für mögliche Transformationen.

Der Pilger - der „peregrinus“ (latein) ist der in die Fremde Ziehende, der in Distanz zu seinem Alltag mit seinem Mustern und Gewohnheiten geht. Manchmal müssen wir uns fremd gehen, um uns neu zu entdecken und zu begreifen. Der Pilger hat zwar ein geografisches Ziel vor Augen, doch treibt ihn die Sehnsucht nach dem, was den Raum übersteigt und die Zeit überdauert. Das geografische Ziel ist Symbol für tiefere Wirklichkeiten, nach deren Spuren er Ausschau hält.

Der Pilger ist auf dem Weg ein Gast bei vielen Menschen. Manchmal dämmert es ihm, dass er auch ein Gast am Tisch Gottes ist, der ihm jeden Tag aufs neue etwas auftischt, mal mehr und mal weniger bekömmlich. Auf dem Weg fügen sich die Dinge, die im Alltag oft so verworren erscheinen und er erlebt: es wird für ihn gesorgt. Er ist auf den Schutz des Himmels und das Wohlwollen der Menschen angewiesen, denen er begegnet. Manchmal begegnet er Engeln und dann wird er vielleicht selbst für einen Anderen auf dem Weg zum Himmelsboten.

Er übt sich ein in Haltungen, die ihn leicht und offen werden lassen. Er kann empfänglich werden für Überraschungen am Weg. Er kann zu einem Gefäß werden, das Momente der Unendlichkeit und der Gnade auffängt und im Herzen als Schatz bewahrt.

Von der Schnecke lernen: Hast abstreifen, Geduld einüben, bei sich selbst Zuhause sein 
Von der Schnecke lernen: Hast abstreifen, Geduld einüben, bei sich selbst Zuhause sein

Worum geht es auf dem Weg des Pilgers?

  • Einfach werden und Klarheit erleben
  • Still werden und Stimmigkeit erfahren
  • Loslassen und gelassen werden
  • Offen werden und Berührung erspüren
  • Das Wagnis eingehen und Vertrauen lernen
  • Weite erfahren und weit werden
  • Alleinsein einüben und wahre Begegnung erleben
  • Bei mir ankommen und Gott begegnen (oft in Gestalt eines Menschen auf dem Weg)

Der Pilgerweg
ist Gebet.
Das Gehen bedeutet
Läuterung,
Heilung
und Dank.
Byung-Chul Han (Philosoph)

 
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