Das Haus der Stille lädt schon seit vielen Jahren zu Kursen ein, die Wandern, Meditation und Stille verbinden.
Für mich, Stefan Wohlfarth, der 2017 als Co-Leiter von Irene Sonnabend in die Arbeit im Haus der Stille einstieg, stellte sich bald die Frage: Wie kann ich meine langjährige Pilgererfahrung auf Wegen in ganz Europa, die mich geprägt und inspiriert hat, in meine Kursangebote ieinfließen lassen?
Pilgern, Besinnung und Meditation gehörten für mich schon immer zusammen. Im Unterwegssein als Pilger vollziehen sich Prozesse der Wandlung und der Erneuerung. Das achtsame Unterwegssein in der Natur wird zum meditativen Geschehen. Das stille Verweilen und Schauen an besonderen Orten kann zur Kontemplation werden.
So trat ich mit der Überzeugung an, dass die Arbeit im Haus der Stille und die Sehnsucht, die Menschen mit dem Pilgern verbinden, gut zusammen passen und sich befruchten können.
Leider führt, außer dem relativ kurzen Harzer Klosterwanderweg, kein Pilgerweg am Kloster Drübeck vorbei. Nordöstlich streifen der Jakobusweg und die Via Romea die Region.
Als wir im ersten Jahr der Corona-Pandemie unser Einkehrhaus schließen mussten, nutzte ich den Freiraum, um die Gegend im Vorharz zu erkunden. Als Zugezogener „Neuharzer“ bisher in Thüringen verwurzelter Mensch, erschloss sich mir diese Region ganz neu und jungfräulich. Vielleicht sah ich gerade deshalb Orte und Zusammenhänge, für die der Einheimische schon betriebsblind geworden ist oder sie als selbstverständlich abhakt.
Ich entdeckte staunenswerte Orte, magische Landschaften und auch faszinierende und berührende Geschichten, die sich mit einzelnen Plätzen verbanden.
So kam mir die Idee einen thematischen Pilgerweg am Nordharz zu entwickeln, der die historischen Pilgerwege teilweise berührt und der kreisförmig verläuft. So kann der Weg im Kloster Drübeck beginnen und auch dort wieder enden.
Mir ging es nicht allein um den Reiz der wunderbaren Wege sondern auch um Themen, die sich jeweils mit einer Etappe verbinden, die inspirieren und zum Nachdenken einladen. Welche Themen das sind, können Sie bei den Etappen nachlesen.
Als Verbündeten holte ich mir das Tourismusbüro in Halberstadt ins Boot. Bei dessen Leiterin, Frau Strohschneider, fand ich sofort ein offenes Ohr und in Frau Beckmann als Mitarbeiterin eine große Stütze bei der logistischen Umsetzung der Idee.
Über das Jahr fuhr ich alle möglichen Wegvarianten mit dem Fahrrad ab. Vieles hatte ich auch bereits zu Fuß erkundet. Oft erwiesen sich die Wegverläufe als besonders inspirierend, bei denen ein kleiner Umweg in Kauf genommen wird. Schließlich geht es nicht darum, möglichst schnell ans Ziel zu kommen, sondern um Wegerfahrungen, die berühren.
Wir laden auf einen Weg ein, der so bisher kaum in den Blick kam, da er eher abseits der touristischen Attraktionen des Harzes liegt.
Doch am Rande verbirgt sich oft Wesentliches. So ist es auch mit dem Harz.
Alle schauen auf den Brocken und dann vielleicht noch auf Städte wie Goslar, Wernigerode und Quedlinburg.
Doch wer kennt Osterwieck, die Klusfelsen und die Gletschertöpfe? Oder den zauberhaften und über dem Horizont schwebenden Naturweg auf dem kleinen Fallstein? Wer weiß, dass in Halberstadt einst eine der bedeutendsten jüdischen Gemeinden Deutschlands blühte? Wir möchten die Augen auf Orte zum Staunen lenken, die uns berühren können, die unseren Horizont erweitern und uns in überraschende Zusammenhänge führen.
Durch die besonderen Orte am Weg bekommt jeder Wandertag sein Thema und seine eigene Atmosphäre. Alles wird erlaufen. Wir nähern uns behutsam und langsam dem, was uns erwartet. Wir nehmen uns Zeit, Erlebtes nachklingen zu lassen. In unseren geführten Pilgertouren tauschen wir uns am Abend aus.
In einer Gruppe erlebe ich den Weg anders als wenn ich individuell allein oder zu zweit laufe?
Besonders und bereichernd bei den Gruppentouren sind die Impulse und die gemeinsame Reflexion des Erlebten. Ein wesentliches Element beim Unterwegssein als Gruppe ist, dass wir Abschnitte der Etappen im Schweigen laufen. Das ermöglicht eine ganz andere Wahrnehmung der Umgebung und auch eine andere Selbstwahrnehmung. Auch der Austausch nach dem Brechen des Schweigens wird dann um so lebendiger und intensiver.
Das Laufen im Schweigen tut uns und dem Weg gut und die Seele kann aufatmen.
Wir machen nicht zu viele Fotos, die dann nur auf dem Datenfriedhof unseres Computers landen, sondern entwickeln Bilder im Herzen, die unsere Phantasie und unsere Träume befruchten.
Ein Tagebuch könnte ein guter Begleiter werden, dem ich wichtige Gedanken anvertraue und Dinge, die nicht ins Vergessen fallen sollen.